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Eigentlich sollte dieser Artikel „Seelischer Stromverlust“ lauten, denn es geht um das Verlieren von Energie. Es passiert häufiger im Leben, dass uns die Energie fehlt, die wir dringend brauchen, um voran zu kommen. Dabei schaffen wir es, uns selber quasi den Stecker raus zu ziehen. Wie kann das passieren?

In diesem Aufsatz geht es um das Thema Selbstmitleid. (Weitere Themen werden in anderen Blogs bearbeitet.) Wie so vieles im Leben ist es ein zweischneidiges Schwert, es geht uns schlecht, wir haben Mitleid mit uns selber; aber wir stecken darin auch fest. Starten wir mit folgenden Beispielen zur Anschauung:

  • Sie erhalten eine enttäuschende Nachricht von der Chefin (keine Beförderung z.B.). Das ist bedauerlich, ärgerlich, vielleicht ungerecht!
  • Ihr Arzt gibt Ihnen die Nachricht, dass Sie schwer erkrankt sind. Das macht traurig und ängstlich – oder wütend (warum ich?).
  • Ihr Partner ist nach einem Streit oder nach einer schwierigen Phase völlig verärgert und enttäuscht und beendet die Beziehung zu Ihnen. Das ist eine Situation die stark verunsichert, aufwühlt oder ängstigt.

Sie selber haben möglicherweise auch schon Situationen erlebt, in denen Sie verzweifelt waren. Man versinkt ins Grübeln, ist im Kummer und wie lahm gelegt.

Solche Situationen kommen im Leben immer mal wieder vor, es ist verständlich, darauf mit Traurigkeit oder Apathie zu reagieren. Alle Energie scheint aus einem geflossen zu sein. Man fühlt sich ohnmächtig und hilflos. Das kann dann ein Teufelskreis werden: Die schlechte Nachricht hat einem alle Energie genommen, man beklagt sein Schicksal, die Ungerechtigkeiten dieser Welt, dass es anderen viel besser geht etc. Man versinkt in Melancholie und verliert daraufhin noch mehr Energie. Der fehlende Elan macht einen dann noch wütender oder hilfloser. Man ist voller Selbstmitleid und hat auch alles Recht dazu!

Zugegebenermaßen kann es ganz nett sein, sich im Selbstmitleid zu suhlen – für eine gewisse Zeit. Klagen, Wunden lecken, sich selber bedauern: Das alles kann für ein paar Minuten oder auch Stunden ganz wohltuend sein. Langfristig tut es nicht gut. Warum? Zwei Gründe sprechen dafür, sich aus dem Selbstmitleid zu lösen:

  1. Für uns Menschen ist es wichtig Einfluss zu nehmen auf das, was uns betrifft. Wir müssen gestalten können. Die Kontrolle über unser Leben wieder zu erlangen – und sei es nur teilweise – weckt die Lebensgeister und gibt uns Kraft. Wir wollen und dürfen uns nicht ohnmächtig fühlen, wenn es weitergehen soll.
  2. Es macht einen großen Unterschied, ob man voller Selbstmitleid oder Selbst-Mitgefühl ist. Beim Mitleid ist es das Leiden, das im Vordergrund steht. Aber Leiden nützt niemandem. Beim Mitgefühl dagegen geht es um Einfühlsamkeit, Verständnis für die eigene Situation. Beides brauchen wir, wenn es uns schlecht geht. Das Bedürfnis nach Zuwendung und Trost möchte befriedigt werden.

Welche Möglichkeiten hat man sich beides zunutze zu machen, Selbst-Mitgefühl und das Gestalten der Lebenssituation?

Da die Situation unangenehm ist und man gerade darunter leidet, ist es wichtig, dem Rechnung zu tragen. Mitgefühl haben bedeutet Anteilnahme und Verständnis. Es ist also hilfreich, sich selber mit Fürsorge und Zuwendung zu begegnen. Die persönlichen Bedürfnisse stehen jetzt mal im Vordergrund. Es ist wichtig, die eigenen Emotionen und Bedürfnisse wahrzunehmen und ihnen Beachtung zu schenken. Das Anerkennen von z. B. Trauer und Verzweiflung ist bedeutsam, denn man gibt sich damit selber Verständnis und Aufmerksamkeit. Man geht achtsam mit sich selber um.

Es gibt einem viel Energie, die Situation in die Hand zu nehmen, nach Alternativen zu suchen oder irgendwie das Beste aus der Situation zu machen. Wie kann ich proaktiv mit meiner Situation umgehen, also wie kann ich selbstbestimmt eine Situation herbeiführen, in dem ich den nächsten Schritt voraus plane? Vielleicht kann ich die Situation spielerisch annehmen, sportlich angehen. Ich könnte nach alternativen Möglichkeiten suchen. Eine verzwickte Situation ist wie ein Glas, das halb leer oder halb gefüllt ist. Es kommt auf meine Betrachtung an. Also kann ich mich auch fragen: Was kann ich gerade jetzt lernen? In welcher Hinsicht könnte ich besser werden? Wo Licht ist, ist auch Schatten; der Schatten ist deutlich zu erkennen. Nun geht es darum, nach den Chancen und Möglichkeiten zu suchen.

Aber werfen wir auch einen Blick auf „Lösungen“, die trügerisch sein können. Ich meinte in den vorangegangenen Ausführungen nicht das Weglaufen vor dem Problem, sich Illusionen machen und die Fakten ignorieren, sich die Situation schön zu reden oder an Fronten zu kämpfen, die schon längst verloren sind. Ich meine vielmehr eine eher positive Haltung dem Problem gegenüber statt Selbstmitleid. Mit Selbstmitleid und Jammern nimmt man sich selber die Energie, die man zur Lösung des Problems oder zum Abmildern der Schwierigkeiten benötigt. Man zieht sich selber den Stecker raus und verliert die Energie, die man benötigt.

Die Idee ist also, in Zeiten einer Krise die Gefühle anzuerkennen, die man hat, ihnen eine Weile lang liebevolle Aufmerksamkeit zu schenken. Es kann hilfreich sein, den spontanen Bedürfnissen zu folgen – auch wenn Verpflichtungen warten. Was tut mir gerade jetzt gut und beruhigt mich? Wenn die Kraft ein wenig zurückgekommen ist, kann man nach Auswegen suchen oder sich fragen, was kann ich durch die Krise lernen. Welche Einsichten schenkt mir das, was passiert ist?

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg oder – noch besser – nur ganz kleine Krisen!

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